Welche Bedeutung hat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Zeiten von Social Media und Internet-Business? Dazu habe ich Andreas Becker von der PR-Agentur ars publicandi befragt.
Das Selbstverständnis von ars publicandi: ‚Wir tragen die Themen unserer Kunden in die jeweiligen Zielgruppen und sind dabei Berater, Impulsgeber und Akzelerator zugleich. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist unser Zuhause, sie bedeutet für uns sowohl Kunst als auch Handwerk. Als Spezialist für Online Relations nutzen wir auch das Internet mit seinen zahlreichen Facetten und Möglichkeiten für den Auftritt und die Awareness unserer Kunden.‘
Das Interview:
Herr Becker, wen sprechen Sie mit Ihrem Angebot an?
Der Großteil unserer Klientel bewegt sich im B-to-B-Umfeld, aber zum Teil arbeiten wir auch für B-to-C-Kunden wie beispielsweise für ein Technologiemuseum. Ansprechpartner sind jeweils entweder der Geschäftsführer bzw. CEO oder der Marketingleiter – je nach Größe der betreuten Unternehmen.
Was bieten Sie an?
ars publicandi hat sich als klassische PR-Agentur auf die Kernthemen Pressearbeit/Mediaplanung spezialisiert und bietet zudem umfassende Marketing-Services an.
Ab welcher Größenordnung sollten Unternehmen aus Ihrer Sicht Pressearbeit betreiben?
Die strategische Pressearbeit ist grundsätzlich für jedes Unternehmen relevant – die Frage sollte eher nach dem sinnvollen Umfang gestellt werden. Um das einschätzen zu können, müssten Aspekte wie Größe und Zielgruppen des Unternehmens, aber natürlich auch Ausrichtung und Zielsetzung näher betrachtet werden.
Bieten Sie Ihren Kunden auch Unterstützung bei der Online-PR an? Braucht man eine Agentur für Online-PR?
Bei Öffentlichkeitsarbeit geht es doch letztlich darum, die jeweiligen Zielgruppen zu informieren. Dies erfolgt angesichts der immens gewachsenen Bedeutung von Portalen, Blogs, Communities, Social Media & Co. (nicht erst seit Aufkommen von Smartphone und Tablet-PC) naturgemäß verstärkt auch über Online-Kanäle. Klassische PR ist von Online-PR längst nicht mehr zu trennen, beides gehört in eine Hand – und: Ja, wir bieten unseren Kunden auch Unterstützung in der Online-PR an.
Wo sehen Sie die Abgrenzung zwischen Online-PR und der klassischen Pressearbeit? Erreicht Online-PR die Redaktionen/Journalisten überhaupt oder ist das nur aus SEO-Gründen interessant?
Das A und O in der Pressearbeit ist, dem richtigen Redakteur zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Beitrag auf dem richtigen Weg anzubieten – und das mit dem Ziel, dass dieser die dargebotenen Inhalte seiner Leserschaft übermittelt. Das funktioniert nicht mit der Gießkanne, sondern punktuell und ist im Einzelfall zu betrachten.
Wer seine Meldungen über Massen-Dienstleister postet und diese sogar noch SEO-optimiert – was sie übrigens für Pressezwecke eher untauglich macht –, hat primär den Leser (und/oder das Google-Ranking) im Visier und kümmert sich nicht um den Redakteur als vorselektierende und weiterverarbeitende Instanz. Beides erfüllt, wenn es gut umgesetzt wird, auch seinen Zweck, ist jedoch allein schon vom Ansatz her etwas ganz anderes.
Wie generieren Sie Neukunden?
In unserer bislang 15-jährigen Geschichte hat es vergleichsweise wenig Fluktuation gegeben, weswegen die Neukundenorientierung nie stark ausgeprägt war. Neue Kundenverhältnisse bauen wir beispielsweise auf durch Ansprechpartner, die das Unternehmen wechseln und ihre Agentur behalten möchten, aber auch über Empfehlungen. Darüber hinaus fahren wir kleinere Akquise-Projekte in ausgewählten Zielgruppen und (in aller Regel) mit eng geschnürten Angeboten.
Was ist Ihre größte Herausforderung in der Neukundengewinnung?
Gerade bei mittelständischen Unternehmen darf man nicht immer von einem profunden Wissen der Entscheider über Pressearbeit ausgehen.
Oft ist das Thema wenig präzise verortet und gerade dann liegt die große Herausforderung darin, das vorhandene Know-how und die erfolgsorientierte Vorgehensweise zu verdeutlichen. Ein anderes Problem ist, dass man in den Firmen die Potenziale einer externen Betreuung nicht erkennt und stattdessen versucht, den Job intern auf die Schultern von Fachfremden zu legen, die die Pressearbeit „nebenbei“ zu erledigen haben. Das geht dann einher damit, den wirklichen Mehrwert und die Möglichkeiten bei einer externen Betreuung zu verkennen.
Wie wichtig beurteilen Sie die Definition von Zielgruppen, von „Wunschkunden“ und dem Leadprozess?
Die enorme Wichtigkeit einer strategisch durchdachten Vorgehensweise ergibt sich aus der beschriebenen Einmaligkeit der Problemstellungen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Marketing ist kein Zufall. Und wer es dem Zufall überlässt, macht auch den fürs Unternehmen so wichtigen Erfolg vom Glück abhängig.
Warum tun sich aus Ihrer Sicht viele Firmen schwer, ihren Kunden attraktive Inhalte und hilfreiche Mehrwerte anzubieten?
Ich weiß nicht, ob es sich um viele Firmen handelt, die sich mit dem Herausarbeiten von Mehrwerten schwertun. Aber als Externer bemerkt man oft eine Art Betriebsblindheit, beispielsweise verursacht durch fehlendes Benchmarking und Wettbewerbsbeobachtung oder ganz einfach, weil man sich schon zu lange auf eingefahrenen Pfaden bewegt.
Welche Tipps geben Sie Menschen, die mehr und bessere Interessenten generieren möchten?
In erster Linie sich genau zu überlegen, wer als Zielgruppe in Frage kommt und kommen könnte. Erst im nächsten Schritt gilt es dann herauszuarbeiten, womit und wie man sie erreicht und zum Kunden macht. Gießkannen sind auch und gerade im Web-Zeitalter dabei absolut fehl am Platz.
Wie schätzen Sie die Bedeutung von Social Media für Vertrieb und Marketing ein?
Was für den einen durchaus sinnvoll sein kann, ist für den anderen vielleicht völlig unsinnig. Alles entscheidend ist, wo sich das Kommunikationsverhalten der zu adressierenden Zielgruppen bewegt, alles andere ergibt sich im Einzelfall.
Ihr Statement zu Inbound-Marketing?
Das Prinzip des Inbound-Marketings reicht nach meiner Einschätzung nicht aus für den nachhaltigen Erfolg – das muss aber auch nicht der Anspruch sein. Vielmehr verspricht ein Mix mit (um im Duktus zu bleiben) entsprechenden Outbound-Aktivitäten, die vertrieblichen Erfolge auch auf lange Sicht zu sichern.
Vielen Dank für das Interview.